Was für ein Wechsel! Vom unsteten Hostel-Reise-Leben mitten ins Familien-Farmer-Dasein.

Aufgenommen hat uns eine Familie mit 3 kleinen Kindern (7, 4 und 2 Jahre alt). Der Vater Peter ist Internist im Krankenhaus in Bridgewater, arbeitet aber nur noch ca. 6 Tage im Monat und ist die restliche Zeit zuhause auf der Farm. Zur Farm gehören eine Kuh, 3 Schweine, 2 Esel, zwei Bienenstöcke, ein paar Hühner, ein paar Enten, 2 Gänse mit ihren Küken und 2 Katzen. Die Mutter Barbara hat uns am Sonntag einen Crashkurs bezüglich der Farmarbeit gegeben, am nächsten Tag sollte es für sie nämlich eine Woche nach Las Vegas gehen, um dort den Geburtstag einer Freundin zu feiern. Sie meinte, dass das für sie der erste Urlaub seit Langem sei und sie so etwas eigentlich abgesagt hätte, aber da wir uns angemeldet hatten, wollte sie es einfach versuchen. Puh, also hieß es Listen schreiben mit den ganzen Aufgaben und allen möglichen Tipps (Kuh Lilly muss zum Beispiel unbedingt hinter den Ohren gekrault und am Hintern geschubbert werden!) und dann vor allem Melken üben. Ich habe in Australien zumindest Ziegen melken gelernt, aber so eine Kuh ist ein ziemlich anderes Kaliber...

Ansonsten haben wir am Sonntag erstmal das Gelände erkundet. Es ist so schön hier!



Am Montag ging es los mit dem ersten Versuch die Farmarbeit alleine zu erledigen. Morgens müssen die Schweine, Hühner, Enten und Gänse gefüttert, die Beete und das Gewächshaus gewässert und Lilly gemolken werden. Wir hatten großes Glück, dass Lilly uns wohlgesonnen war. Ich hatte das Gefühl, dass sie eine Weile überlegt hat, ob sie mit den zwei Neuen mitgehen soll und dann dachte sie wohl, was soll's, ich hab eh nix besseres zu tun...

Melken ist ultra-anstregend. Selbst wenn man die Technik irgendwann einigermaßen raushat, fehlen einem jegliche Muskeln an sinnvollen Stellen. Die ersten Male haben wir eine knappe Stunde gebraucht für die 4-6 Liter Milch (nach einer Woche sind wir glücklicherweise bei 20-25 Minuten). Wir sind jedenfalls froh, dass die Familie nur eine Milchkuh hat.

Mittags hat sich Barbara dann nach Las Vegas verabschiedet. Sie schien irgendwie gar nicht traurig uns unserem Schicksal zu überlassen.

Abends werden die Schweine ein zweites Mal gefüttert, die Hühner eingesperrt und Lilly erneut gemolken. Allein von diesen Aufgaben waren wir anfangs ordentlich geschafft.



Am Dienstag gingen die täglichen Pflichten schon deutlich schneller und mit mehr Routine von der Hand. Man spielt sich doch schnell ein. Einziges Hindernis sind die zwei erwachsenen Gänse, die alles und jeden angreifen, der sich ihnen und ihren Küken auf 10 Meter nähert und leider beschließen sie ständig, dass der Fußweg zwischen Haus und Scheune, den man gefühlte hundertmal am Tag laufen muss, ihr Lieblingsaufenthaltsort ist. Barbara und Peter haben schon beschlossen die zwei erwachsenen Gänse und alle Küken bis auf zwei zu verkaufen. Nicht nur, dass man andauernd gegen sie kämpfen muss, anstelle des Grases, das sie eigentlich fressen sollen, fressen sie natürlich ausschließlich die mühsam angepflanzten Salate und Gemüsepflänzchen.

Das Wetter ist hier an der Südküste Nova Scotias übrigens bombastisch. Jeden Tag wird es noch ein bisschen wärmer und sonniger.

Heute haben wir einen überwucherten Bereich freigeschnitten und die ganzen Äste zu einem riesigen Lagerfeuer aufgetürmt. Hoffentlich kommen wir noch dazu alles zu verbrennen. Momentan ist es einfach zu heiß und trocken für Zündeleien.

Nach den normalen Abendaufgaben hat uns Peter den Truck ausgeliehen (mal sehen wann wir das größte Fahrzeug erreichen, das wir in Kanada fahren werden) und einen seiner Lieblingsorte an der Küste geschickt: Rissers Beach. Nach der ganzen Arbeit war der Spaziergang über den Holzsteg am weißen Sandstrand in der abkühlenden Abendluft eine Wohltat.



Am Mittwochnachmittag ging's mit den Kindern nach Mahone Bay zu ihren Musikstunden. Der älteste, Oliver, spielt Klavier und Maude spielt Geige. Die kleine Celeste spielt noch kein Instrument, freut sich aber währendessen am Geländer der Veranda herumzuklettern. Mahone Bay ist ein pittoreskes Kleinstädchen und war einen Spaziergang in der Sonne (mit Eis) allemal Wert.

Nach dem Musikunterricht lud Peter uns zu "Fish and Chips" nach Bridgewater (das ist die nächste Stadt von der Farm aus) ein. Auf dem Schild stand "Hier gibt es wirklich, wirklich, wirklich gute Fish and Chips!" und das stimmte auch.



Am Donnerstagmorgen sind wir nach Lunenburg auf den Bauernmarkt gefahren. So richtig viel Gemüse gab es noch nicht, aber es ging scheinbar auch weniger ums Einkaufen als ums soziale Kontakte pflegen. Peter kannte gefühlt jeden dort. Anschließend spazierten wir noch eine Weile durchs schöne Lunenburg, vor allem am Hafen entlang. Hier lag unter anderem die "Bluenose II" vor Anker, ein bekanntes Segelschiff, das in Lunenburg gebaut wurde. Außerdem haben wir viele Dorys gesehen, das sind kleine Boote, für die Lunenburg bekannt ist.

Auf der Rückfahrt haben wir das erste kanadische Reh entdeckt, das sich in einem Vorgarten an den Blumen gütlich getan hat. Die Besitzer des Gartens haben sich wahrscheinlich weit weniger über den Anblick gefreut als wir...

Am Nachmittag haben wir Maude zu ihrem Ballett-Unterricht in das "LCLC" in Bridgewater gebracht, das Lunenburg County Lifestyle Centre. Das ist eine riesige Halle mit Schwimmbad, Bibliothek, Schlittschuh-Arena und allen möglichen weiteren Sporthallen unter einem Dach. Ganz schön praktisch so etwas in der Nähe zu haben.



Am Freitag gab es eine "Steine-Sammel-Party" bei Freunden der Familie West. Die befreundete Familie hatte sehr schlechte Erde für ihren Garten gekauft, die voller großer und kleiner Steine war. Deshalb hatten sie ein paar Leute eingeladen, um ihnen beim aussortieren der Steine zu helfen. Am Ende gab es Pizza für alle.

Abends kam Barbara von ihrem Trip zurück und hat von ihren Erlebnissen berichtet. Gewonnen hat sie in Las Vegas nichts, aber ein paar schöne Shows konnte sie sich dort ansehen und jede Menge komische Leute sind ihr begegnet.



Samstag und Sonntag waren für uns eher faule Tagen. Barbara hat das morgendliche Melken für uns übernommen, damit wir mal ausschlafen konnten und wir sind nach Bridgewater ins Kino gefahren. Peter hatte an diesen Tagen Bereitschaftsdienst in der Klinik, deshalb sind wir mit den Kindern an den Strand gefahren, damit er zuhause ein bisschen Ruhe haben konnte. Dann kam der Regen, auf den wir schon lange gewartet hatten. Trotz ständigen Gießens vertrockneten die Gärten immer mehr; wir hatten die Woche über bis zu 28°C gehabt. Und in der Nacht sollte es deutlich abkühlen, was wir uns nach dem Sommerwetter gar nicht vorstellen konnten.



Das "Abkühlen" war echter kanadischer Frost, der alle unsere frisch gepflanzten Tomaten dahingerafft hat. Verrückt. Im Juni... Den Montag und Dienstag über haben sich dann nach und nach die ganzen Nachbarn gemeldet, welche ihrer Pflanzen die Nacht nicht überlebt haben. Vor allem ein paar Weingüter hat es wohl hart getroffen.

Mittlerweile sitzen wir bei kuscheligen 5°C und Dauerregen vor dem Holzofen. Aber so konnten wir ein paar Drinnen-Aufgaben erledigen. Peter baut den zweiten Stock der Scheune als Ferienwohnung aus und so haben wir viel Holz geschliffen und gestrichen. Keine schlechte Abwechslung zur vielen Gartenarbeit.

Außerdem waren am Wochenende endlich die Gänse verkauft worden. Keine plötzlichen Flügel- und Schnabel-Attacken mehr. Die zwei übriggebliebenen Gänseküken müssen jetzt gehütet werden. Diese Aufgabe übernehmen wir natürlich nur äußerst ungern. ;)



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We arrived on the first of four planned farms here in Canada. The family West consists of three little children (7, 4 and 2 years old), father Peter (doctor at the local hospital) and mother Barbara. What's more, the farm houses a cow, three pigs, two donkeys, two beehives, a dozen or so chicken, a couple of ducks, two geese with their chicks and two cats.

On Sunday, our first day here, Barbara taught us the ropes regarding farm work and what our daily chores will be. The day after, she planned on going to Las Vegas for a friend's birthday party, so our help was very welcome.


So next day - Monday - we were all on our own milking the cow, feeding the animals, watering the plants and sifting the milk for consumption or sale. Thankfully we get along well with the cow because in the beginning it took us ages to fill the bucket. Only after a couple of days some unknown muscles in our fingers have grown and we are able to finish the job in under half an hour. Apart from these everyday chores, we get special assignments, as well, like preparing fields for plant work, cutting grass, doing laundry or cleaning the farm houses.

Many of these tasks are repeated in the evening, so we were quite exhausted when we went to bed shortly after 9 to get up early next morning again.


There are three major enemies here on the farm:


  1. The bugs. When it's warm they are everywhere and they attack you fiercely. All uncovered body parts are now itchy and swollen and standing still (like when milking the cow) is torture. Thankfully the weather grew cold after the first week here and all the bugs died.
  2. The geese. They are hellishly aggressive and think of the entire farm as their own private property. Don't you dare come close to them or they'll bite you and slap you with their wings.
  3. Hygiene. There's no shower on the premises and the bathrooms cannot be locked. Combine that with all the animal dung you have to wade through everyday and you get the constant urge to scrub down your entire body... alas, you can't.


Once our chores and daily tasks are done, we are free to relax or explore the area. We may even take the West's car and drive around to go hiking, visit beaches or go shopping.


On Wednesday, the two eldest children have music lessons in Mahone Bay. Oliver, the oldest, can play the piano and Maude owns a violin. Little Celeste is too young to play anything, but is happy to climb around the fence and bushes of the tutor's house.

On the next day, we drove to Lunenburg to a big farmers market. This was less about buying items but more about talking to people and seeing how old friends are doing. We also got to take a stroll through Lunenburg harbour and look at some of the majestic ships anchored there.

In the afternoon, we took Maude to her ballet class in the LCLC (Lunenburg County Lifestyle Centre), which houses the local library, dance rooms, a swimming pool, a hockey arena and several other rooms we didn't see.


Come Friday we were invited to a "stone collecting party" at some friends of Peter's. After a job well done we delighted in the lovely weather (bugfree, too, since that was in the town of Bridgewater) and some well-earned pizza.

Also, in the evening, Barbara returned from her trip to Vegas and the kids were overjoyed to see her again. She didn't win any major jackpots down there, but she got to see some amazing shows and brought sweets for the children.


On our first full weekend on the farm, we decided to go to the Bridgewater cinema and watch the new Deadpool movie. Also we finally got some rain after two very hot and dry weeks. At first we were happy about this, but then...

DUN

DUN

DUN

Temperatures fell from around 30° C to below zero. That means frost. All the tomato plants we put in the ground during the first week instantly died. That's not a tragedy, though, since it was only two dozen plants or so. Everyone on Nova Scotia was affected by this and some of the bigger farms lost hundreds of plants due to frost in June!

But that's not the only thing we had to say good-bye to during the weekend. We also sold the geese. Good riddance. So long, pesky poultry! May we never see you again. They left two of their chicks, which are now trained to be more used to humans before being slaughtered for Christmas. Ho, ho, ho!